16. Etappe: Almaty – Tashanta (Altai)

Das Motorrad ist endlich bereit, Almaty erkundet und von meinem Paket mit den Ersatzteilen keine Spur. Laut DHL soll es zwei bis drei Wochen dauern und laut Onlineverfolgung befindet es sich schon seit geraumer Zeit in den Händen der Kasachischen Post. Allerdings weiß diese nichts davon. Ein Mitarbeiter von DHL Kasachstan kümmert sich rührend um meine Angelegenheit, aber er kann mir nur mitteilen, dass es wohl noch drei bis vier Wochen dauern kann. Diese Zeit habe ich nicht. Also los.

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Die einzige Erklärung, die ich für diese lange Laufzeit habe, ist, dass die hiesige Post noch so traditionsbewusst ist und somit Pakete auf Kamele schnallt und diese allein durch die Wüste tapern lässt. Selbstverständlich erkennt das arme Tier die Dringlichkeit des Pakets und erreicht Almaty exakt zwei Tage nach meiner Abfahrt. Onlinetracking ist ne feine Sache, wenn sie zuverlässig funktioniert.
Kasachstan durchquere ich von Süd nach Nord, ohne mich allzu lang aufhalten zu lassen. Ich will endlich in die Mongolei. Ok, den größten Canyon Zentralasiens kann ich ja noch mitnehmen. Beeindruckend und so verlassen.

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Gute Straßen, schlechte Straßen, gar keine Straßen führen mich an die russische Grenze. Dort habe ich das erste Mal mit den Minderwertigkeitskomplexen eines spätpubertierenden, strafversetzten Notbeamten zu kämpfen. Er mag keine Deutschen. Das lässt er durch abfällige Kommentare und immer wieder neuen Anforderungen erkennen. Und jedes Mal muss ich mich hinten an der Schlange anstellen. Ein Spaß, wenn gerade ein vollbesetzter Reisebus ankam. Letztlich komme ich mit enormer Verzögerung rüber. Mein Zeitplan passt nicht mehr. In Barnaul werde ich zu einem aktuell statt findenden Bikefestival eingeladen. „Festival“ lässt viel erhoffen, aber tatsächlich verläuft alles sehr gemächlich. Jede Menge Zelte, davor Lagerfeuer, manches Fachgesimpel und Mutproben nach der einen oder anderen Wodkaflasche.

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Eigentlich will ich nur andere Reisende treffen, um nicht allein die anspruchsvolle Strecke nach Ulan Bator meistern zu müssen. Ich treffe aber erst gegen Abend auf Derek, einen unglaublich netten Engländer, der kurz zuvor seinen Versuch zur Hauptstadt der Mongolei aufgrund widriger Bedingungen abbrach. Dann kommen Alex und Andre, ein deutsches Pärchen, die innerhalb von zwei Jahren mit dem Motorrad von Australien nach Deutschland fahren wollen. Sie ließen die Mongolei aus, da sie zu heftig sei.

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Ich bin motiviert. Sowas von. Auch mal was Positives? Ok, ich habe mein Gepäck von redundanten Stücken befreit und an mich selbst an die Postzentrale in Ulan Ude geschickt.

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Knapp 15 kg weniger durch die Steppe zu transportieren. Wenn dann die Stollenreifen aufgezogen werden, sind das dann auch nochmal knapp 11 kg weniger.
Am Tag nach dem Bikefestival soll es losgehen. Ein paar stockbesoffene Russen geben keine Ruhe. Nicht nur dort lässt die Security erkennen, dass sie eine Fehlbesetzung ist. In der Nacht zuvor werde ich von einem Betrunkenen festgehalten, da er mit mir einen Wodka trinken möchte. Er ist von meinem Motorrad zu sehr begeistert. Und er ist deutlich größer und stärker. Der Wachmann steht zwei Meter entfernt und raucht genüsslich eine. Auf jeden Fall bekomme ich kein Auge zu und verschiebe meine Abfahrt Richtung Mongolei. Letztlich wohl eine Fehlentscheidung. Dafür habe ich aber Zeit, um mir in Ruhe Barnaul anzusehen und zu den letzten beiden Straßen mit alten Holzhäusern zu gehen. Schade, dass nur noch so wenige vorhanden sind und zum Teil in einem richtig schlechten Zustand sind. Tja, die Lenin-Statue in der gleichnamigen Allee erfährt mehr Erhaltungsmaßnahmen.

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Dann geht’s endlich los. Ach, ne doch nicht. Mein Motorrad ist eingeparkt. Der Wachmann will nicht den Fahrer des Wagens anrufen. Ich soll zwei Stunden warten. Jetzt werde ich persönlich. Der Fahrer kommt und macht Platz. Aber meine Batterie versagt mal wieder. Der Wachmann will seinen neben mir geparkten Wagen zum Fremdstarten nicht zur Verfügung stellen. Ok, dann raus auf die Straße und darauf hoffen, dass kurz nach 6 Uhr morgens jemand anzutreffen ist. Ja. Tatsächlich. Der Wachmann ist sauer. Na, das kann ich schnell ändern. Der Autofahrer, der mir half, bekommt noch etwas von mir geschenkt. Jetzt ist der Wachmann stinksauer. Geht doch.
Durch Regen, Sonnenschein, Regen, Nebel, Sonnenschein und dann faszinierende Berge geht es immer näher zur Mongolei. In der letzten Stadt vor der Grenze lasse ich meine Reifen wechseln. Für den Grenzübergang bin ich zu spät. Da darf man nicht zu viel erwarten: Montag bis Samstag von 9 Uhr bis 18 Uhr und mindestens eine Stunde Mittagspause. Das nenn ich mal einladend.

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