6. Etappe: Krim – Schachti

Nach einer kleinen Auseinandersetzung mit dem Beauftragten für Außenwerbung der Ukraine, zog ich es vor, so schnell wie möglich aufzubrechen. Daher ging es ohne Frühstück auf die Bahn.

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Wenigstens war ich der Einzige auf der Straße. Erst gegen 8:00h waren die ersten Autofahrer zu sehen. Die Strecke war weiterhin sehr eindrucksvoll. Mein Ziel war, so schnell wie möglich nach Russland zu kommen. Das ging am einfachsten mit der Fähre. Das Problem, das dabei entstehen könnte, war, dass man bei der Zollabfertigung mit sehr langen Wartezeiten rechnen muss, da mit einem Schlag ein großer Schwung zu kontrollieren ist. Ich riskierte es. Als ich ankam, fuhr gerade eine Fähre ab. Die Nächste ging erst in drei Stunden. Jede Menge Zeit die restlichen Hrywnjas zu verprassen. Dann öffneten die Schranken für die Ausreise. Ungefähr als Zehnter stand ich mit meinem Motorrad in der Schlange Als Erster durfte ich sie verlassen. Dazwischen lag eine Stunde. Zwischenzeitlich verzweifelte ein Zöllner an meinen unzähligen Visa. China, Russland, Kasachstan u.a. Ich MUSS ein Spion sein. Ich stellte mich doof. Irgendwann gab er es auf. Dann wollte er auf Teufel komm raus, etwas in meinem Gepäck zum Verzollen (Ausreise??) finden. Zufällig fand er meinen Pfefferspray. Der Trick, den mir ein Verkäufer in München nannte, ich solle einen anderen Aufkleber (z.B. von einem Deo) drauf machen, funktionierte. Wär aber beinah im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge gegangen. Da ich kein Deo hatte, das noch mit einen Aufkleber versehen war, nahm ich den vom Mückenspray. Fand ich auch sinnvoller, denn welcher Motorradfahrer braucht um Himmels Willen ein Deo im Tankrucksack?? Zum Glück stand dort auf Russisch drauf, was es macht, denn der Zöllner wollte einmal probesprayen. Tief durchatmen! Sehr erleichtert fuhr ich los.

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Als Erster aus dem Zoll heißt: als Erster auf der Fähre und als Erster beim russischen Zoll. Yes!! Zufrieden steuerte ich auf die Fähre zu. Der letzte Zöllner (von gesamt fünf! Instanzen, die man durchqueren muss) winkt mich durch. Und dann kam der Lademeister. Ich soll als Letzter auf die Fähre. Das kann nicht wahr sein. Auch der Zöllner, selbst begeisterter Motorradfahrer, kann es nicht glauben. Er legt ein gutes Wort für mich ein. Keine Chance. Ich komme als Letzter rauf. Und um die Spannung vorweg zu nehmen: Ich komme als Vorletzter durch den russischen Zoll.
Während der Fährfahrt versammelt sich eine Menschentraube um mein Motorrad. Zum Glück stand die Maschine mittig, sonst wär der alte Kahn noch in Schieflage geraten. Nach der Ankunft warteten dann alle Reisenden in sengender Hitze auf die Gnade der russischen Zöllner. Es war ein Spiel. Die Regeln bestimmten die Kontrolleure und sie änderten sie in regelmäßigen Abständen: Man soll vor kommen. Man soll sein Fahrzeug nicht verlassen. Wer bestimmte Formulare nicht ausgefüllt hat, wird nicht kontrolliert…die Formulare gibt es nur vorne, aber bloß nicht das Fahrzeug verlassen. Und Vorfahren nur mit ausgefüllten Formularen. Irgendwann fingen auch die russischen Reisenden an zu schimpfen. Mein Joker war wieder das Motorrad. Leider war es kein großer Stich, aber immerhin. Als ich zur Fahrzeugkontrolle kam, sollte ich sämtliche Koffer und Taschen für den Drogenspürhund leer räumen. Ein Zöllner, der selbst ein Motorrad hat, widersprach und fragte mich, was ich in den Koffern hätte. Ich zählte auf. Die Hundeführerin war skeptisch: Ausräumen. Der Zöllner sagte in einem herzerweichenden Ton irgendwas auf Russisch, was ich beim besten Willen nicht verstand. Immerhin zog die Hundeführerin unmittelbar mit einem Murren ab. Nur noch zwei Instanzen. Nach zwei Stunden war das gesamte Prozedere dann durch…und ich auch. Nur noch irgendwo hin. Duschen, essen, schlafen. Schließlich schritt die Zeit schnell voran, denn die nächste Zeitumstellung war notwendig. Zumindest fiel der Spritpreis unter die 1€ Marke. Ein Liter mit 95 Oktan kosten ca. 0,75€. Damit lässt sich’s gut fahren.
Krasnodar lag auf dem Weg nach Wolgograd und war nicht mehr weit. Die Stadt hat einige Vorteile: Sie bietet so wenig, dass man problemlos dort sein kann, ohne den Zwang zu verspüren, die Stadt erkunden zu müssen. Ruhe pur. Vom Straßen- und Baulärm mal abgesehen. Und es regnete. Nein, das ist zwar kein Vorteil, aber mittlerweile Standard bei dieser Reise. Also war ich auf der richtigen Route.
Nach einem weiteren Tag Pause zur Regeneration ging es weiter nach Schachti (oft auch als Shakhty geschrieben, was natürlich falsch ist).
Den Grund für dieses Ziel kann man sich denken. Eine Welle trug mich quasi dorthin. Ich habe schon so manchen Regen erlebt, aber das war die Referenz. Ich fuhr nicht, ich schwamm. Nein, es war noch jede Menge Wind dabei: Ich segelte. Da hat man echt genug vom Tag.
Aber ich war ja nicht zum Spaß hier. Voller Erwartung erkundete ich die Stadt. Und was soll ich sagen? Besser nichts. Außer der obligatorischen Lenin-Statue bietet die Stadt einen originellen Namen. Tja. Der in Stein verhexte Lenin steht da mit einer Geste, als wolle er sagen: „Sieh her, was ich gemacht habe.“ …hättste besser mal gelassen.
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2 Antworten auf „6. Etappe: Krim – Schachti“

  1. Na das Du dahin musstest war ja klar. Genauso wie Du richtig feststellst, dass es nur eine korrekte Schreibweise des Ortsnamens geben kann.

    Lass es weiter rollen

  2. Hey, Du weltreisender Motorrad-Spion! Die Stadt unseres Namens hätte Dich schon etwas herzlicher empfangen können – leider sind die Dokumente in hundertfacher Ausfertigung, die extra Sonne bestellt hatten, wohl vom ukrainischen Geheimdienst abgefangen worden – ich hoffe nur, dass sie nicht später im Hochsommer doch noch weitergeleitet werden..
    achja noch eine Interpretation für die Geste vom Sockelsepp: haste mal nen Rubel? 😉

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